Ich möchte heute über meine Erfahrung als Kulturbuddy bei der Caritas schreiben. Ehrenamtlicher Kulturbuddy bei der Caritas bin ich jetzt seit Oktober 2015.
Als Kulturbuddy macht man mit bedürftigen Menschen kulturelle und sportliche Unternehmungen. Man kann sich aussuchen, für welche Personengruppe und welche Einrichtung man tätig sein will. Möglich sind etwa obdachlose Menschen, alte Menschen, Menschen mit Behinderung, etc. Ich habe mich für AsylwerberInnen interessiert und ich konnte mir eine Flüchtlingsunterkunft ein paar Stationen von der Stadtgrenze von Wien aussuchen. Bei den Einrichtungen in Wien gab es leider schon Buddies.
Für die Caritas habe ich mich entschieden, da die Hilfe dort gut organisiert ist und man auch immer Unterstützung bekommt. Man kann auch zahlreiche Workshops besuchen, so habe ich etwa schon Workshops zum Thema Traumata, Arabisch Express, Islam und Fotographie besucht.
Ich mache lieber etwas mit Gruppen, da ich gerne für eine positive Gruppendynamik sorge. Ich empfinde auch die Arbeit mit obdachlosen Menschen als zu schwer und bei älteren Menschen mag ich nicht, wenn sie mir zu viel erzählen, was mich vielleicht nicht interessiert (auch vielleicht eine gute Übung zu sagen, wenn es einem zu viel ist bzw. wenn man gehen muss). Bei Menschen mit Behinderung würde mir der intellektuelle Austausch fehlen, deswegen habe ich mich für AsylwerberInnen entschieden. Aber Interessen können sich auch ändern und bis auf Menschen mit Behinderung fehlt mir die Erfahrung.
Ich habe mit den AsylwerberInnen bis jetzt folgendes gemacht:
- Geocaching
- Wanderung zum Laaerberg
- Probetraining im Gym „High 5“ (Krafttraining)
- Naturhistorisches Museum
- Technisches Museum
- Eröffnung Eistraum (inkl. Eislaufen)
- Gallerie Westlicht (Foto-Workshop mit Katharina Roßboth)
- Lochkamera basteln (Foto-Workshop mit Katharina Roßboth)
- Foto-Shooting/Studio im Keller (Foto-Workshop mit Katharina Roßboth)
- Interview mit Studierenden an der WU / Führung WU (Foto-Workshop mit Katharina Roßboth)
- Architekturzentrum (Führung)
- Klettern (Kletterhalle Wien)
- Wanderung Mannersdorfer Wüste
- Wanderung Kahlenberg (inkl. Bauerngolf)
Wie man sieht habe ich relativ viel organisiert und konnte deswegen nicht so viele andere Events organisieren. Ich versuche immer etwas zu machen, das mich selber auch interessiert. Das ist wichtig für meine Motivation, ich will – überspitzt gesprochen – kein Transportunternehmen sein. Deswegen will ich z.B. nicht unbedingt in die Sissi-Ausstellung in Schönbrunn gehen, auch wenn das für die Leute interessant wäre.
Wichtig ist nicht so sehr, was man macht, sondern wie man etwas macht
Ich versuche bei den Aktivitäten auch immer selber mitzumachen, soweit es geht, da ich mir selber auch wichtig bin bzw. will ich das meinen HelferInnen auch immer ermöglichen (quasi als Dankeschön, z.B. beim Eislaufen oder Klettern). Generell finde ich ist es nicht immer so wichtig, was man macht, sondern wie man es macht. Ich versuche, dass es möglichst lustig ist und Spaß macht. Wenn wir wo sind vereinbare ich auch ab und zu einen Treffpunkt und gebe den Leuten z.B. einen Stunde Zeit, sich selber frei zu bewegen. Ich finde das wichtig, weil jeder auch andere Interessen und Schwerpunkte hat (als z.B. ich).
Ich bin froh, dass immer (bis auf den letzten Ausflug) viele Leute mitgekommen sind. Jetzt ist Ramadan und ich werde dann im Juli wieder neue Angebote machen. Geplant ist eine Führung am Donaukanal (durch das AzW) und ein Besuch von TimeTravel Vienna.
Dank an die HelferInnen Sabri, Hamed und Farideh
Schwierig ist, dass ich das alleine mache. Ich versuche immer Freunde zu finden, die mich unterstützen und übersetzen, was nicht immer gelingt. (Wie oben angesprochen schaue ich darauf, dass die HelferInnen auch immer etwas von der Hilfe haben.) Für den Standort außerhalb von Wien gibt es nicht so viel Interesse von anderen Kulturbuddies. Ich muss immer rechtzeitig losfahren, da nicht so viele Züge fahren und ich nicht zu spät kommen kann. Deswegen kosten mich die Ausflüge mehr Zeit, als wenn ich eine Einrichtung in Wien betreuen würde.
Sprachbarriere
Die AsylwerberInnen sprechen in der Mehrzahl Farsi (Iran, Afghanistan) und Arabisch (Irak). Ein paar sind aus Pakistan. Es gibt eine Sprachbarriere, nur wenige sprechen Englisch oder sogar nur ein paar Worte Deutsch. Sie sind in der Grundversorgung, d.h. es wird noch über den Asylantrag entschieden, was ihre Situation und meine Tätigkeit nicht einfacher macht.
Grenzen ziehen, Anerkennung und Nein sagen
Deswegen und auch allgemein bei sozialen Tätigkeiten ist es wichtig, seine eigenen Grenzen zu ziehen. Wenn man die Personen und ihr Leid zu nahe an sich heran lässt, kann die Belastung zu groß werden („Burnout“). Für Frauen ist das noch wichtiger als für Männer (viele AsylwerberInnen sind Männer und natürlich haben sie entsprechende Träume, die nicht unbedingt schlecht sind). Es ist auch gefährlich, wenn man von der Hilfstätigkeit abhängig wird, etwa wenn man nur daraus Anerkennung bezieht. Es ist auch nicht gut, wenn man Angebote und Versprechungen macht, die man dann nicht einhalten kann. Ein Beispiel: Die Männer sind an Sport interessiert, und jeder hat eine anderen Sportart (Volleyball, Fußball, Boxen, Cricket, etc.). Ich will und kann aber nicht jedem dabei helfen, einen entsprechenden Club in Wien zu finden. Das geht über meine Tätigkeit hinaus und ich hätte nichts mehr anderes zu tun. Öfters auch mal Nein sagen, wenn etwas nicht geht, als Versprechungen machen, die man nicht halten kann.
Auf sich schauen
Es ist besser, diese Hilfe soweit wie möglich an die Bürgerinitiative im Ort oder an die Caritas zu delegieren. Es gilt der Leitspruch „Hilfe zur Selbsthilfe“. Ich bin kein Babysitter, es ist immer besser Eigeninitiative zu fördern, auch wenn es sich um junge Leute handelt. Es ist wichtig bei der Tätigkeit immer auch auf sich selber zu schauen, etwa dass es einem selber immer gut geht (darauf schauen, dass die eigenen Grundbedürfnisse wie Nahrung, WC etc. gedeckt sind). Ich sehe das immer wieder bei HelferInnen, dass sie diese einfachen Dinge nicht beherzigen (z.B. den ganzen Tag nichts essen). Mir passiert es auch, aber dann versuche ich es mir bewusst zu machen. Es ist natürlich ebenfalls gut, wenn man bei den TeilnehmerInnen auf die Deckung der Grundbedürfnisse schaut (vgl. Bedürfnishierarchie). Wenn man „höhere“ Bedürfnisse auch decken kann umso besser 😉
Wichtig für meine Arbeit ist auch, dass ich mir überlegt habe, welche Ziele ich verfolge. Für mich ist es eine Gelegenheit, eine soziale Tätigkeit auszuprobieren. Das ist auch mein Berufswunsch, da ich früher im technischen Bereich tätig war. Natürlich tue ich auch etwas Gutes, da die AsylwerberInnen – v.a. in der kälteren Jahreszeit – nichts zu tun haben, da sie auf ihr „Interview“ warten. Es ist wichtig, dass man nicht alles total uneigennützig macht, aber wenn es eine Win-Win-Situation ist, ist es ideal (siehe auch das Thema Anerkennung weiter oben).
Außerdem mache ich gerne Fotos, und stelle die auch den AsylwerberInnen und der Caritas zur Verfügung. Deswegen hat es mich sehr gefreut, dass meine Fotos im aktuellen Kulturbuddy-Folder verwendet wurden.
Foto-Walk an der WU
Ein großer Erfolg war auch der Foto-Workshop, den Katharina Roßboth und ich mit den AsylwerberInnen und Unterstützung der Projektkoordinatorin Bettina Wagner gemacht haben:
Presse-Artikel
Katharina Roßboth ist Fotografin u.a. für die Presse.
Hier ein paar Eindrücke vom Workshop an der WU:
Noch abschließend: Das ist mein persönlicher Ansatz und bis jetzt hat es so ganz gut geklappt. Natürlich kann man Dinge anders sehen und andere Wertvorstellungen haben. Bestimmte Grundsätze sind aber m.E. für alle wichtig und sie werden auch nicht ohne Grund beim Kulturbuddy-Workshop der Caritas behandelt. Ich bedanke mich für das Interesse bei allen, die so weit gelesen haben und wünsche noch einen schönen Tag! 🙂
Alle Fotos (c) Bernhard Herzog.
Weitere Fotos:
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